Es war ein lauer Sommerabend, als Anna mir mit leuchtenden Augen und einem Glas Weißwein in der Hand eröffnete, dass sie sich beim „Jedermann“ beworben hatte. Ich saß mit einem Buch auf meiner Terrasse, sah zu, wie die Nachbarn mit ihren Kindern Fangen spielten, und dachte: Sie meint das ernst.
Anna, eine lebenslustige, kreative Frau Mitte vierzig, hatte nie zuvor auf einer Theaterbühne gestanden. Sie hatte zwar ein Faible für Literatur und ein Talent für dramatische Gesten im Alltag – aber ein klassisches Bühnenstück? Jedermann, das Herzstück der Salzburger Festspiele? Ich war beeindruckt – und ehrlich gesagt ein bisschen nervös für sie.
Key Takeaways – Sie wollte beim „Jedermann“ mitwirken, um sich selbst herauszufordern und eine neue Leidenschaft zu entdecken.
– Die Vorbereitung war intensiv, aber sie lernte sich selbst ganz neu kennen.
– Die Gemeinschaft der Darsteller schweißte sie zusammen – und half, über Ängste hinwegzukommen.
– Der Bühnenauftritt wurde zu einem unvergesslichen Höhepunkt.
– Die Reaktion des Publikums war überwältigend – und zeigte ihr, dass der Mut sich gelohnt hatte.
Die Vorbereitung auf die große Bühne
In den darauffolgenden Wochen verwandelte sich Annas Wohnzimmer in eine Mischung aus Requisitenkammer, Übungsraum und philosophischem Salon. Sie las das Skript mit solcher Hingabe, dass ich mehr über mittelalterliche Symbolik und barocke Sprache lernte, als mir lieb war.
„Wie spricht man so feierlich und doch natürlich?“, fragte sie mich, während sie im Pyjama durch den Raum schritt, einen alten Regenschirm als Ersatz für ihren „Jedermann“-Stab schwingend.
Sie meldete sich zu Workshops an, übte vor dem Spiegel, sprach mit Schauspielcoaches und übte ihre Mimik – manchmal mitten im Gespräch, was beim Kellner im Café zu verwirrten Blicken führte.
Ich erinnere mich an eine Szene besonders gut: Nach einem langen Probentag saß sie bei mir auf dem Balkon, zerschlissen aber glücklich, und sagte:
„Weißt du, wenn wir das durchstehen, können wir eigentlich alles schaffen.“
Die Proben – eine Reise der Selbsterkenntnis
Die Proben waren für sie wie eine emotionale Achterbahnfahrt. An ihrem ersten Tag lernte sie eine wilde Truppe aus Schauspiel-Veteranen, neugierigen Neulingen und kreativen Freigeistern kennen. Peter, ein beeindruckender Mann mit Schauspielstimme und Dreitagebart, wurde so etwas wie ihr Mentor. Und Lisa – immer für einen schrägen Witz gut – entwickelte sich schnell zu ihrer besten Freundin auf der Bühne.
Anna erzählte mir von kleinen Katastrophen (Texthänger, verlegte Kostüme, Regieänderungen in letzter Minute) und von magischen Momenten, wenn aus Szenen plötzlich echtes Gefühl wurde.
Einmal hatte sie improvisiert – aus Versehen – und Peter konterte schlagfertig. Das gesamte Ensemble brach in schallendes Gelächter aus, und die Regisseurin sagte trocken: „Wenn ihr zwei jemals ein Comedy-Duo gründen wollt, sagt Bescheid.“
Der große Auftritt – und das Licht der Scheinwerfer
Dann kam der Abend der Aufführung. Ich saß mit klopfendem Herzen im Publikum. Anna hatte mir erzählt, wie nervös sie war – nicht wegen des Textes, sondern wegen des Moments. Würde sie dem Publikum gerecht werden? Würde sie sich selbst gerecht werden?
Als sie auf die Bühne trat, war es, als würde eine andere Version von ihr erscheinen – selbstsicher, ausdrucksstark, präsent. Sie sprach ihre Zeilen mit einer Mischung aus Eleganz und Leidenschaft, die ich nie zuvor bei ihr gesehen hatte.
Ein Moment bleibt mir besonders im Gedächtnis: Als sie eine besonders dramatische Szene spielte, hielt das gesamte Publikum den Atem an. Es war, als hätte sie den Rhythmus von 1.000 Herzen für einen Augenblick in der Hand.
Jubel, Tränen und ein Gefühl der Erfüllung
Der Applaus war laut. Ehrlich gesagt: überwältigend. Ich sah, wie sie sich verbeugte, Tränen in den Augen, flankiert von Peter und Lisa. In diesem Moment war sie nicht mehr nur meine Freundin Anna – sie war eine Heldin, eine Künstlerin, ein Teil von etwas Größerem.
Backstage, erzählte sie mir später, sei sie von allen umarmt worden. „Du warst der Wahnsinn!“, rief Lisa. Peter hob anerkennend den Daumen.
Und Anna? Sie grinste – nicht überheblich, sondern mit einer Mischung aus Dankbarkeit, Erschöpfung und innerem Triumph.
Was sie aus dieser Erfahrung mitnimmt
Anna sagt oft, dass sie nie erwartet hätte, wie sehr sie sich durch diese Erfahrung verändern würde. Sie hat gelernt, ihre Komfortzone zu verlassen, Mut zu zeigen, auch wenn das Herz rast. Sie hat gesehen, wie viel Kraft in der Gemeinschaft steckt – wie aus Fremden Freunde werden, wenn man gemeinsam für eine Vision brennt.
Und: Sie hat ihre Liebe zum Theater entdeckt.
Und jetzt?
Natürlich konnte sie nicht einfach aufhören. Kaum war der letzte Vorhang gefallen, meldete sie sich bei einer freien Theatergruppe in der Stadt. Sie will weitermachen – spielen, lernen, erleben. Ob sie den nächsten „Hofnarren“ oder „Gott“-Monolog spricht, ist ihr egal. Hauptsache Bühne.
Erinnerung und Ausblick
Wenn wir heute darüber sprechen, lacht sie viel. Sie erzählt von Texthängern, Kostümunfällen und nächtelangen Diskussionen über die Bedeutung eines Satzes. Aber sie erzählt auch von Verbindungen, Transformation, Gemeinschaft.
Kunst, so sagt sie, ist eine Sprache, die Herzen berührt – auch das eigene.
Und während ich sie so sprechen höre, denke ich: Manchmal reicht ein Sommer, um ein ganzes Leben neu auszurichten.
PS: Du willst auch ein wenig Theaterluft schnuppern oder mehr über die Salzburger Festspiele erfahren? Hier ein paar häufige Fragen, die dir weiterhelfen können:
FAQs
Was ist der „Jedermann“ in Salzburg?
Der „Jedermann“ ist ein klassisches Theaterstück von Hugo von Hofmannsthal, das seit 1920 im Rahmen der Salzburger Festspiele vor dem Domplatz aufgeführt wird.
Wie kann man beim „Jedermann“ mitwirken?
Man kann sich als Statist oder Komparse bewerben – die Ausschreibungen findet man direkt auf der Webseite der Salzburger Festspiele.
Welche Voraussetzungen muss man mitbringen?
Keine professionelle Schauspielausbildung notwendig – aber Teamgeist, Zeit, Leidenschaft und Zuverlässigkeit sind gefragt.
Was macht die Salzburger Festspiele so besonders?
Sie zählen zu den renommiertesten Theater- und Musikfestivals der Welt und kombinieren künstlerische Tradition mit internationaler Strahlkraft.